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„Jesus Christus - für unsere Sünden gestorben?“

BC MaternJesus am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matthäus 27,46)

Karfreitag. Wir erinnern uns, dass da einer gekreuzigt wurde. Einer unter vielen anderen wurde hingerichtet. Viele tausende starben wie er vor den Toren Jerusalems. Viele Millionen davor und danach.
Doch dieser eine, er nimmt uns gefangen. Er ist für uns gestorben, wird uns gesagt. Sein Blut ist für mich geflossen, für sie, für uns alle. Verstehen wir, was da gesagt wird: gestorben für unsere Sünden, „Christ ist erschienen uns zu versühnen“? Was soll das bedeuten? Worum geht es?

Schuldig durch Auschwitz

Sühne bezieht sich auf Situationen, in denen nichts mehr wiedergutzumachen ist. Es gibt irreparable Schuld, es gibt nicht wieder gut zu machendes Unheil. Wir haben das erfahren, wo Menschen gestorben sind, denen wir etwas schuldig geblieben sind, und nun können wir nicht mehr um Vergebung bitten, nichts mehr ändern. In noch größerem Maße ist das so in unserem Verhältnis zum jüdischen Volk. Auschwitz, die Millionen Ermordeten, dieses Verbrechen, es ist solches ein nicht wiedergutzumachendes Unheil. Vielleicht ist es das, was die Leugner dieses Verbrechens ganz genau spüren. Die Juden sind nicht unser Unglück, aber sie erinnern uns an das Unglück, das wir für sie geworden sind. Mir hat einmal ein alter Mann in Israel gesagt: „Die Deutschen werden uns Auschwitz nie verzeihen.“ Er hat eine tiefe Einsicht formuliert. Die Erinnerung an dieses Geschehen ist nicht nur für die Opfer, sondern auch für uns unerträglich und so schmerzlich, das wir lieber mit unseren antisemitischen Vorurteilen weiterleben. Aber gerade hier, bei unserem Leiden und Vergessenwollen solch nicht wiedergutzumachender Schuld, können wir erkennen, was Sühne heißt. Er heißt Verantwortung zu übernehmen für geschehene Schuld, es heißt Opfer und Täter zu unterscheiden und anstelle der Täter das zu erdulden, was die Folge der Untaten ist. Die Opfer brauchen Sühne-Zeichen und die Täter Vergebung damit Zukunft möglich wird, Versöhnung geschehen kann.

Weiterleben trotz nicht wieder gut zu machender Schuld

Genau so ist es im Neuen Testament gemeint, wenn die Kreuzigung Jesu als Sühnetod verstanden wird. Nach Ostern, nach der Auferweckung des Gekreuzigten hatten es die Jüngerinnen und Jünger erst verstanden: Jesus war anstelle der Täter gestorben, für die, die ihn ans Kreuz nagelten, für die Richter, die Henker und die Zuschauer. Deshalb sagt Jesus am Ende: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lukasevangelium, Kapitel 23, Vers 34)
Karfreitag ist der Tag, da allen, die Schuld tragen, eine Zukunft ermöglicht wird. Und zwar gerade dann, wenn wir an dieser Schuld nichts mehr ändern können. Dieser Tag erinnert uns an das Dunkel in unserem Leben, das woran wir schwer tragen, weil wir es nicht mehr loswerden können und das wir deshalb gerne verdrängen und vergessen wollen.

Die eigene Schuld annehmen

Wer seine Schuld nicht wahrnehmen will, der wird nicht begreifen können, was es heißt, dass Jesus für uns gestorben ist. Ich weiß, das ist schmerzhaft und bedrückend. Die Bilder der Kreuzigungsgeschichte, sie treffen auch uns: die Finsternis bricht auch in unser Leben ein, die Sonne verliert ihren Glanz, der Erde bebt, es zerreißt uns. Ich kann meiner verstorbenen Freundin, meinem Vater, nicht mehr sagen, wie sehr ich sie lieb hatte. Ich kann die Verletzungen nicht mehr rückgängig machen, die ich Menschen in der Vergangenheit zugefügt habe. Ich habe so viel Gutes zu tun versäumt, weil ich zu bequem war oder weil ich mich schämte. Wir haben alle unsere eigenen dunklen Ecken.

Jeder hat die Möglichkeit zu wählen

Vielleicht haben wir nur die Wahl zwischen den beiden Männern, die mit Jesus gekreuzigt wurden. Der eine verhöhnte Jesus noch. Offensichtlich führen weder eine aussichtslose Lage noch der Tod vor Augen automatisch zur Selbsterkenntnis. Wer Menschen hat sterben sehen, der weiß wovon ich spreche. Der andere Mann neben Jesus aber erkennt seine Schuld an: „Wir empfangen, was unsere Taten verdienen!“ sagt er und bittet Jesus: „Gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Diesem reuigen Täter, dem, der keine Ausflüchte mehr sucht, sich nicht mit Umständen entschuldigt oder gar leugnet, diesem Menschen und keinem anderen sagt Jesus das einzige Trostwort des Karfreitag: „Wahrlich, wahrlich ich sage dir: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ (Lukasevangelium Kapitel 23, Vers 43)

Pröpstin Gabriele Scherle

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Gut:
Das heißt für mich -
frei und befreit von allem,
was ich aus Angst und Ärger tief
in mir vergraben habe.

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