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Notfallseelsorger Ralf Friedrich: Stütze in der Not (Mit Video)

Quelle: MDHS, privatNotfallseelsorgerNotfallseelsorger wie Ralf Friedrich sind da, wenn man unerwartet vom Tod eines geliebten Menschen getroffen wird

Der Tod kommt oft plötzlich für viele Menschen. Wer dabei wirklich leidet, sind die Angehörigen. Vor allem dann, wenn sie gerade erst die schlechten Neuigkeiten überbracht bekommen haben, befinden sich viele in einer Art Schockstarre. In einer solchen Situation sind sogenannte Notfallseelsorger wie Ralf Friedrich zur Stelle.

Wenn Dr. Ralf Friedrich seine Dienstjacke in seiner Wohnung in Dieburg, im Kreis Darmstadt anzieht, dann geht für den 55-jährigen der Einsatz los: „Das ist für mich ein Ritual. Wenn ich sie anhabe, dann weiß ich: Jetzt geht’s in den Einsatz.“ Für den Psychotherapeuten ist die klare Trennung zwischen seinem Ehrenamt und dem Privatleben sehr wichtig: „Ich sage sehr wenig von dem, was da passiert bei den Einsätzen. Ich sage dann vielleicht, wo ich war und was das für ein Szenario war und dann ist gut.“ Der Hintergrund seiner Vorsicht leuchtet ein: Er möchte die eigene Familie mit den Fällen nicht belasten, da durch das Erzählte bei den eigenen Angehörigen eine sogenannte Sekundärtraumatisierung eintreten kann.

Auch sein langjähriger Freund und ehemaliger Kollege Alexander Krahmer weiß nur zu gut: „Es ist ja nicht nur, dass ich in den Einsatz gehe, sondern meine Familie geht mit in den Einsatz!“ Das sei ein ganz wichtiges Thema. Wenn früher nachts der Piepser ging, dann sei der Partner oder die Partnerin mit wach geworden und wollte wissen, was passiert sei und wo der Einsatz hingehe, „da muss dann auch die Familie mitspielen.“

Durch einen Freund zum Ehrenamt

Alexander Krahmer ist letztlich derjenige, der Friedrich zu Notfallseelsorge holt. Er selbst war noch vor drei Jahren im Einsatz, bis seine Frau schwer erkrankt ist und zum Pflegefall wurde. Die beiden Männer sind da schon länger befreundet, kennen sich durch die Arbeit in der Evangelischen Kirche. Vor rund 13 Jahren holt ihn Krahmer dann mit ins Boot: „Irgendwann habe ich dann zu ihm gesagt: Du bist der Richtige für die Notfallseelsorge!“ Es dauert dann weitere zwei Jahre, bis Ralf Friedrich merkt, dass das Ehrenamt auch wirklich zu ihm passt. Laut Krahmer sei eine Eigenschaft für den Job enorm wichtig: Empathievermögen. Aber auch die Fähigkeit, Situationen richtig einzuschätzen und zu begreifen, was die Menschen in einer solch schweren Lage nun benötigen - und das sei von Einsatz zu Einsatz komplett unterschiedlich.

Mit der Bibel in den Einsatz

Ralf Friedrich trägt neben einem Block mit Bleistift auch immer eine Bibel und das Evangelische Pastorale mit sich, um auch gläubigen christlichen Menschen angemessen beistehen zu können. Nicht zu betreuende Mensch sei allerdings gläubig oder Christ, die Seelsorge sei konfessionsübergreifend. Ob der Mensch Moslem, jüdisch oder aus einem anderen Glaubenskontext komme, sei hier völlig egal, „denn es zählt hier der Mensch und der Mensch, der braucht die Hilfe!“ Auch nicht jeder, der in der Notfallseelsorge ehrenamtlich tätig sei, gehöre auch unbedingt aktiv einer Glaubensgemeinschaft an oder komme von der evangelischen Kirche.

Schutz, Struktur und Stabilität

Für Friedrich ist die Notfallseelsorge ein sehr sinnvolles Ehrenamt, das absolut verpflichtend ist. Wenn ein Anruf einginge, habe man dann ungefähr eine halbe Stunde, um zum Einsatzort zu kommen – ein Einsatz dauere dabei ca. 3 Stunden.

Innerhalb dieser Zeitspanne unterstützt Friedrich mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Polizei bei der Überbringung von Todesnachrichten oder Rettungsdienste nach vergeblicher häuslicher Reanimation. Darüber hinaus stehen er und seine Kolleginnen und Kollegen Familien zum Beispiel nach Suizidfällen zur Seite. „Bei der Notfallseelsorge geht es primär um die Menschen und die Frage: Wie kann ich dem Menschen in dieser Situation die nötige Kraft und Unterstützung geben?“, erklärt Friedrich. Ziel sei, die Betroffenen möglichst schnell zu stabilisieren. Durch den Kontakt spürten sie, dass sie nicht allein seien. „Die physische Nähe ist hier schon ganz wichtig!“ Die Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerinnen gehen hier nach dem sogenannten SOS-System vor. Die Abkürzung steht für: Schutz – Orientierung – Struktur.

Oft wendet der Seelsorger dann auch eine kleine, hilfreiche Methode an, um die Betroffenen wieder handlungsfähig zu machen und sie aus ihrer nicht enden wollenden Gedankenschleife und Schockstarre herauszuholen. Dabei fragt Friedrich nach einem Glas Wasser oder einem Kaffee. Durch die Beschäftigung kämen die Leute dann aus der Handlungsunfähigkeit heraus: „Wenn sie es schaffen einen Kaffee oder ein Glas Wasser zu holen, dann merken sie schon im Unterbewusstsein: Mensch, ich bin doch nicht ganz so verwirrt, ich bekomme was auf die Reihe.“

Wenn Kinder sterben, bricht für Eltern eine Welt zusammen

Neben Ralf Friedrichs Praxis für Psychotherapie liegt der Dieburger Friedhof mit einem Bereich, in dem ausschließlich Kinder beerdigt liegen. Das Grab der Sternenkinder erinnert ihn an seine schwersten Einsätze:  „Weil ein junger Mensch, der verstirbt, Eltern hat, die sich gefreut und Pläne gehabt haben. Und die sind in der Regel dann auch sehr, sehr aufgelöst und das erfordert ein hohes Maß an Sensibilität!“

Aber auch Einsätze, bei denen Eltern zusätzlich junge Kinder zurücklassen, brauchen viel Gespür für die Situation. Bei seinem letzten Einsatz sei ein junger Vater tot aufgefunden worden. Was sehr wichtig sei in solch einer Situation, „einfach präsent zu sein. Und manchmal besteht ein Großteil der Einsätze einfach darin, zu schweigen.“
Für eine langfristige Betreuung sind beispielsweise die psychologischen Beratungsstellen der EKHN zuständig.

Wenn der Einsatz vorbei ist und der Notfallseelsorger wieder zurück nach Hause kommt, zieht es seine Jacke aus und hängt sie über einen der Esstischstühle. Es ist wie ein kleines Ritual, das er für sich selbst entwickelt hat – auch, um nach den Einsätzen eine gewisse emotionale Distanz zu bekommen. Ist die Jacke ausgezogen, dann ist auch Ralf Friedrich wieder in seinem eigenen Alltag angekommen und wartet auf den nächsten Einsatz.

weitere Mutmacher

[Christian F. Schmidt]

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Das heißt für mich -
frei und befreit von allem,
was ich aus Angst und Ärger tief
in mir vergraben habe.

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