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2015: Jan Hus Gedenkjahr

sneska/istockphoto.comDas Jan Hus Denkmal in PragJan Hus musste 1412 aus Prag fliehen - heute gilt er als böhmischer Volksheld.

EKHN-Europabeauftragter Friedhelm Pieper erinnert an das Schicksal des böhmischen Reformators

Am 6. Juli 1415 wurde in Konstanz der böhmische Reformator Jan Hus durch die Delegierten des damaligen kirchlichen Konzils als Ketzer zum Tode verurteilt und am selben Tag hingerichtet. Hus wurde außerhalb der damaligen Stadtmauern auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seine Henker warfen die Asche in den Rhein, nichts sollte mehr an ihn erinnern.

Pfarrer Friedhelm Pieper, Europabeauftragter der EKHN, weist nun auf die zahlreichen tschechischen und deutschen Gedenkveranstaltungen in diesem Jahr hin: „Mit Blick auf die europäische Kirchengeschichte ist 2015 das Jan Hus Gedenkjahr!“ In Ausstellungen, Gottesdiensten, Konferenzen und Gedenkfeiern vor allem in Prag und Konstanz wird in diesem Jahr an das Wirken des böhmischen Reformators erinnert, das ihm widerfahrene Unrecht thematisiert und seines gewaltsamen Todes gedacht. „So gibt es in diesem Jahr wertvolle Möglichkeiten, sich mit den Anliegen und theologischen Perspektiven des tschechischen Universitätsrektors, Priesters und Predigers Jan Hus auseinanderzusetzen“, betont Pieper.

Informationen zu den Gedenkveranstaltungen zu Jan Hus in Prag und Konstanz gibt Friedhelm Pieper im Zentrum Ökumene in Frankfurt 

Reformatorische Ideen im Umkreis der Prager Universität

Bereits hundert Jahre vor der deutschen Reformation gab es in Prag umfangreiche Versuche, Reformen der Kirche nicht nur zu fordern, sondern in Böhmen auch konkret umzusetzen. Böhmen war damals eines der bedeutsamsten europäischen Länder mit einem hoch entwickelten Bildungswesen. Im Umkreis der renommierten Prager Universität und unter Aufnahme des Gedankengutes des englischen Reformtheologen John Wyclif entwickelten Jan Hus sowie andere Akademiker und Priester auf biblische Texte bezogene Vorstellungen vom Leben der Kirche und der kirchlichen Lehre.

Sie kritisierten dabei Fehlentwicklungen der Kirche, insbesondere die Käuflichkeit kirchlicher Ämter, die Prunksucht von geistlichen Würdenträger, die gewachsene starre Hierarchie in den kirchlichen Strukturen, die Doppelmoral im Lebensstil, die Abendmahlsfeiern, bei denen der Wein allein den Priestern vorbehalten blieb. Jan Hus befand - wie zuvor schon John Wyclif -, dass nicht jeder Priester, Bischof und auch nicht jeder Papst zur „wahren Kirche“ gehöre, vor allem nicht, wenn sie gegen das „Gesetz Christi“ verstießen. In Falle eines solche Verstoßes wäre der Christ ihnen gegenüber kein Gehorsam schuldig. Eine kritische Theologie, die das gewachsene System der kirchlichen Hierarchie radikal in Frage stellte.

Lateinische Kirche in der Krise

Im 14. Jahrhundert befand sich die lateinische Kirche im westlichen Europa insgesamt in einer schweren Krise. Im Konflikt zwischen der Kirche und den aufstrebenden Nationalstaaten, insbesondere Frankreich und Italien, kam es zu folgenreichen Spaltungen, die dazu führten, dass zwei Päpste das oberste geistliche Amt der Kirche für sich beanspruchten. Der Versuch des Konzils von Pisa 1409, diesen Missstand durch Absetzung der beiden Päpste und die Wahl eines neuen von allen anzuerkennenden Papstes zu beheben, scheiterte: es gab nunmehr sogar drei Päpste. Der Konflikt drohte, das kirchliche Leben zum Erliegen zu bringen, und so wurde die Forderung nach einer notwendigen Reform der Kirche von einer zunehmenden Anzahl kirchlicher und politischer Vertreter erhoben.

Das Konzil in Konstanz

Der deutsche König Sigismund aus dem Hause Luxemburg bemühte sich um ein Konzil auf neutralem Boden, so kam die wohlhabende Stadt Konstanz am Bodensee ins Spiel. Sigismund vermochte, den drei kirchlichen Lagern die Zustimmung zu einem gemeinsamen Konzil abzuringen.

Für das Konzil wurden drei Ziele benannt: Wiederherstellung der kirchlichen Einheit (Causa unionis), Reform der Kirche (Causa reformationis) und Klärung von Glaubensfragen als Abwehr von Häresien (Causa fidei). Diese kirchliche Versammlung, die von 1414 bis 1418 in Konstanz tagte, war auch durch das Verhandlungsgeschick von König Sigsmund zumindest in dem Punkt der kirchlichen Einheit erfolgreich: am Ende wurde ein von allen anerkannter Papst gewählt: Martin V. - die anderen Päpste traten zurück oder wurden – diesmal wirksam - abgesetzt.

Sigismund bemühte sich auch um eine Einigung mit den böhmischen Reformatoren und lud Jan Hus unter Zusicherung des freien Geleits zu Verhandlungen über seine Postionen nach Konstanz ein. Dort angekommen, aber dachten die Kirchendelegierten nicht daran, Jan Hus wirklich anzuhören. Sie ordneten seinen Fall der Abwehr von Häresien zu, ließen ihn Kerkerhaft nehmen  und eröffneten einen Ketzerprozess gegen ihn. Ohne eine Chance, seine theologischen Überzeugungen der Konzilsversammlung gegenüber begründen zu können, hoffte Jan Hus auf den deutschen König Sigismund und seine Zusage. Der jedoch ließ ihn fallen. Es wird zumeist angenommen, dass Sigismund seinerseits darauf hoffte, dass Hus seine kritischen Schriften widerrief. Da aber der böhmische Reformator bis zuletzt zu seinen theologischen Einsichten stand und sich darauf berief, dass er in seinem Gewissen Gott gegenüber verantwortlich sei, sah Sigismund keine Aussicht, Hus vor dem Todesurteil zu retten. Es war zudem offenkundig, dass Sigismund nicht gegen gewichtige Konzilsvertreter auftreten mochte, um seine Hoffnung auf die Kaiserkrone nicht zu gefährden. Jan Hus wird so ein Opfer im Spiel der Mächtigen in Politik und Kirche.

Erinnerung

Seine Hinrichtung ist zugleich ein Ausdruck der geistigen und geistlichen Schwäche des Konzils. Entscheidende theologische Fragen über das geistliche Leben der Kirche und ihrer Finanz-, Vertretungs- und Entscheidungsstrukturen wurden nur zögerlich diskutiert, zumeist verdrängt und blieben ohne wegweisende Beschlüsse. In der Frage der notwendigen Reform der Kirche kam das Konzil zu keinen substantiellen Einigungen. Zu unterschiedlich waren die Einzelinteressen. Kein Wunder, dass in den folgenden Jahrzehnten, die Forderung nach Reformation immer vehementer erhoben wurde und schließlich im 16. Jahrhundert in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu großen reformatorischen Umbrüchen führten.

Heute erinnert ein Stein an der ehemaligen Hinrichtungsstätte in Konstanz an den gewaltsamen Tod des Reformators. An der selben Stelle wird ein Jahr später ein Weggefährte von Jan Hus ebenfalls wegen seiner theologischen Überzeugungen verbrannt: Hieronymus von Prag. Die Konzilsvertreter blieben auch hier hartnäckig in der Verweigerung des Anhörens der böhmischen Anliegen.

In einem kleinen Haus in der Hussenstrasse in Konstanz ist eine gute und informative Ausstellung über das Leben und das Schicksal von Hus und seiner Weggefährten zu sehen. Die Ausstellung macht auch deutlich, dass die reformatorischen Impulse des tschechischen Theologen mit seiner brutalen Hinrichtung nicht gelöscht werden konnten. Jan Hus wurde in seiner aufrechten Haltung im Angesicht des ihm widerfahrenden Unrechts zum böhmischen Volkshelden. Sein Tod inspirierte viele Tschechen zum weiteren Ausbau einer reformbereiten Kirche in Böhmen. Teile der Schriften von Jan Hus wurden 1523 ins Deutsche übersetzt; so wurde sein Wirken zu einem Bestandteil auch der deutschen Reformation – einhundert Jahre nach seinem gewaltsamen Tod.

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Jan Hus-Predigtpreis

Die Evangelische Brüder-Unität - Herrnhuter Brüdergemeine hat einen "Jan Hus Predigtpreis 2015“ ausgeschrieben. Ausgezeichnet werden Predigten, die "ihre Kraft aus der Bibel schöpfen, eine verständliche Sprache gebrauchen und Kirchen und Gesellschaft nicht schonen“.

Die Jury nimmt Predigten in deutscher, tschechischer oder niederländischer Sprache entgegen. Der Predigttext kann frei aus dem Alten oder Neuen Testament gewählt werden, ein Theologiestudium ist keine Voraussetzung. Der Preis ist dotiert mit 2015 Euro (1. Preis), 1415 Euro (2. Preis, ein Jugendpreis für Teilnehmer unter 27 Jahren) und 600 Euro (3. Preis). Annahmeschluss ist der 6. Juli 2015.

 Auslobung des "Jan Hus-Predigtpreises 2015"

Gut:
Das heißt für mich -
frei und befreit von allem,
was ich aus Angst und Ärger tief
in mir vergraben habe.

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