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Jagen und glauben

Eine evangelische Sozialpädagogin auf der Jagd

Quelle: privatHirschgeweihDie Gestaltung des Wohnzimmers erzählt von Karen Probst´ Jagdleidenschaft

Am Wochenende Fußball spielen, im Schützenverein auf Zielscheiben schießen oder in der Garage am eigenen Motorrad rumschrauben: Viele Hobbys werden immer noch mit dem männlichen Geschlecht in Verbindung gebracht, obwohl sie auch von vielen Frauen nicht minder erfolgreich betrieben werden. Mit dem Jagen sieht es da nicht anders aus. Doch wie kann man das Töten eines Tieres und den eigenen Glauben in Einklang bringen?

Quelle: privatKaren ProbstKaren Probst auf der Jagd - das erlegte Wild wird von ihr und ihrer Familie nach und nach verzehrt

Karen Probst wuchs in einer Försterfamilie auf, der Vater nahm sie schon früh mit in die Natur: »Ich habe das Jagen quasi in die Wiege gelegt bekommen und hatte immer auch mit der Jagd zu tun.« Der Wunsch, den Jagdschein zu machen, kam bei der heute 32-Jährigen allerdings erst 2016 auf. Nach ihrem Studium der Sozialpädagogik startet sie ihre berufliche Laufbahn  im Zentrum Bildung der Evangelische Kirche in Hessen und Nassau – dort war sie für den Jugendkirchentag zuständig. Das Jagen und die Försterei hatte sie in dieser Zeit ein wenig aus den Augen verloren.

Doch die Verbundenheit zu Natur und insbesondere zum Wald war geblieben: »Der Wald und die Natur waren immer eine Krafttankstelle für mich. Wenn irgendwas war, dann bin ich im Wald spazieren gegangen.« Karen macht daraufhin eine Zusatzausbildung zur Waldpädagogin: »Und dann habe ich gedacht: Jetzt muss ich den Sack zumachen – das alles gehört einfach zu mir. Ich bin so groß geworden. Ich möchte meinen Jagdschein machen!« Mittlerweile lebt die junge Frau mit Ehemann und Tochter sowie ihrem Jagdbegleiter, Dackel Konrad, in Österreich.

Anzahl der Jägerinnen steigt

Als Frau gehöre man als Jägerin zu einer Minderheit, das fange schon bei der Ausbildung an. Doch die Zahlen der Frauen, die den Jagdschein machen und das Handwerk auch ausüben, steige. Laut einer Befragung der Jungjäger des Deutschen Jagdverbandes e.V. gebe es ein zunehmendes Interesse von Frauen an der Jagd, heißt es auf der Internetseite des Jagdverbandes. In den Jägerkursen liege die Frauenquote derzeit bei knapp einem Viertel, das seien plus 20 Prozent gegenüber 2011. Insgesamt haben 2019 gut 18 000 Frauen und Männer die Jägerprüfung abgelegt.

Wirklich schwer sei es nicht, sich in diesem männerdominierten Feld durchzusetzen, erklärt Karen Probst. Vor allem die jüngeren männlichen Jäger machten keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Es seien eher die älteren Herren, die um einen Spruch nicht verlegen seien. Sie schauten sie als Frau schon mal schief an, wenn sie in Vollmontur zum Beispiel zur Treibjagd um die Ecke käme. Doch Karen Probst hat diesbezüglich ein dickes Fell entwickelt: »Wenn die alten Männer sich mit ihrem Humor das Maul über mich zerreißen – da stehe ich drüber. Die Jagd ist immer noch eine Männerdomäne. Damit muss man als Frau umgehen lernen.«

Als Mädchen Staudämme gebaut und Lagerfeuer gemacht

Schon als Kind wurde sie nicht in die typische klischeehafte Geschlechterrolle des braven Mädchens im rosa Kleid hineinerzogen, sondern bekam von ihrem Vater buchstäblich auch mal den Hammer in die Hand gedrückt: »Als mein Vater als Förster noch Gruppenführungen machte, habe ich Nistkästen gebaut und Lagerfeuer mitgemacht. Da war ich an Wochenenden im Bach spielen, habe Staudämme gebaut und meiner Mama Kaulquappen in die Küche mitgebracht«, erzählt sie mit lachender Stimme. Abends stand die kleine Karen dann in der Badewanne, »um den ganzen Dreck runter zu waschen«.

Bewahrung der Schöpfung steht an erster Stelle

Karen Probst ist gläubige Christin und geht gleichzeitig jagen. Für sie schließt das eine das andere nicht aus. Die Bewahrung der Schöpfung steht bei ihr an erster Stelle: »Also ich denke, unsere Aufgabe als Christenmenschen ist es, das Geschöpf zu ehren und die Bewahrung der Schöpfung ganz oben hinzustellen. Ich muss mich nicht rechtfertigen, dass ich Jägerin bin.« Sie erklärt, dass es notwendig sei, den Wildbestand zu regulieren, um das ökologische Gleichgewicht des Waldes zu schützen. Als Beispiel nennt sie die Wildschweine, die durch die milden Winter kaum noch aus der Paarungszeit herauskämen. Dadurch würden die Rotten sehr groß und richteten zu viele Schäden im Wald an. Auch wenn die Zahl der Füchse und Dachse zu groß werde, habe dies Folgen, denn sie dezimierten die Population der Fasane und Hasen.

Heiliger Hubertus verbindet Jagd mit Glauben

Und auch, wenn im evangelischen Glauben die Heiligenverehrung kein Thema ist, so hat Karen Probst trotzdem einen Bezug zum Heiligen Hubertus. Der Patron der Jägerinnen und Jäger wird am Hubertustag am 3. November gefeiert – »eine Art Erntedankfest für die Jagd«. Allein diesem Heiligen zu gedenken und zu danken, bringe die Jagd auch mit dem Glauben in Verbindung. Gott gebe den Menschen ein Stück Macht, die sie nur ganz bewusst einsetzen dürften.

Dem erlegten Tier die letzte Ehre erweisen

Dazu gehöre auch, dass man dem Tier zum Ende seines Lebens die letzte Ehre erweise. Dem geschossenen Wild legt Karen Probst einen Zweig ins Maul – den sogenannten letzte Bissen – und zieht den Jagdhut, um das Tier gebührend zu verabschieden: »Das ist für mich eine sehr emotionale Arbeit. Das sind auch Mitgeschöpfe, die leben auf unserer Welt. Gott als Schöpfer in der ganzen Verantwortung gebe ich dann die Ehre. Das gehört einfach für mich dazu, dass ich das überhaupt tun darf auf dieser Welt.«

Jagen für den Eigenbedarf

Für die junge Mutter ist auch Nachhaltigkeit ein großes Thema. Karen Probst ist durch die Jagd zu einer bewussten Fleischesserin geworden und konsumiert nur das, was sie erlegt. Sie fährt tatsächlich zur Jagd raus, »um etwas in der Gefriertruhe zu haben«, wie sie sagt: »Ich gehe in erster Linie raus, um Beute zu machen.« Sie wisse dann genau, wie das Tier gelebt habe, bevor sie es geschossen habe. Es sei schließlich in ihrem Revier aufgewachsen. Im Vergleich zu Mast-Tieren habe es vorher nicht leiden müssen.

„Der Schuss muss sitzen“ – Verantwortung einer Jägerin

Hinzu komme die Verantwortung an der Waffe: »Der große Punkt ist der Umgang mit der Waffe. Ich weiß: Ok, wenn ich mich jetzt dazu entscheide, dieses Stück, was jetzt da vor mir steht, zu erlegen, dann muss ich erstmal sichergehen, dass der Schuss ordnungsgemäß sitzt, damit das Tier nicht leiden muss.« Für Karen Probst ist das der wichtigste Aspekt, wenn es um die Frage der Verantwortung in der Jagd geht: Der Schuss muss sitzen. »Das Stück liegt dann im Feuer«, so heißt es in der Jägersprache. Doch die Verantwortung geht auch darüber hinaus. Denn hinterher muss das erlegte Wild noch ausgenommen werden. Auch diese erneute Auseinandersetzung beim sogenannten Aufbrechen und Ringeln des Tieres verändere den Umgang mit dem späteren Stück Fleisch.

Hinzu kommen als Jägerin auch Aufgaben, wie bei Wildunfällen vor Ort zu sein und das angefahrene Tier von seinem Leid zu erlösen oder die Aufgabe, Wildbestände zu regulieren, um das ökologische Gleichgewicht in den Wäldern aufrechtzuerhalten.

Naturverbundenheit erleben – und Jagdfieber

Für die Sozialpädagogin hat das Jagen nicht immer nur was mit dem Erlegen von Wild zu tun. Jagd bedeutet auch, sehr andächtige und naturverbundene Momente zu erleben. Nicht immer komme es dabei zum Schuss: »Ich sitze in meinem Hochsitz und genieße die Natur und beobachte manchmal einfach nur ein Rehwild mit seinem kleinen Kitz und freue mich, dass es nachfolgende Bestände gibt.« In den Wald zu gehen, sich Zeit zu nehmen und die Naturverbundenheit zu spüren, seien die mitunter schönsten Momente für die Jägerin. Die Natur zu riechen, die Klangteppiche des Vogelgesangs zu hören sowie dem Rauschen der Bäume zu lauschen – das mache dieses Hobby zusätzlich ganz besonders.

Wenn es dann plötzlich im Unterholz knistere und knacke, »dann geht einem schon der Puls«. Das sei das Jagdfieber. »Also dieses Kribbeln und dieses Aufgeregtsein – das haben wir immer gelernt in der Jagdschule – wenn Du das nicht mehr hast, dann bist Du auch keine richtige Jägerin mehr.« Dabei gehe es nicht um den Nervenkitzel selbst, sondern darum, dass man auch eine gewisse Ehrfurcht sowohl vor der Jagdsituation als auch vor dem jeweiligen Geschöpf selbst mitbringt.

[Christian Schmidt]

Gut:
Das heißt für mich -
frei und befreit von allem,
was ich aus Angst und Ärger tief
in mir vergraben habe.

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