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Konfizeit früher und heute

Offene Diskussionen statt Streiche und Strafen (mit Video)

Esther StoschJutta Schlösser, die 1972 konfirmiert wurde, sitzt neben Leo Hilgart. Beide befinden sich in einer Interview-Situation.Jutta Schlösser und Leo Hilgart erzählen über ihre Konfizeit

Dieser Ingelheimer Konfijahrgang hatte es faustdick hinter den Ohren. Die Jugendlichen läuteten im Jahr 1951 einfach selbst die Kirchenglocken, um auf sich aufmerksam zu machen - sie waren im Glockenturm eingesperrt. Das hatte Konsequenzen. Kirchenmitglieder, die vor über 60 Jahren konfirmiert wurden, berichten: "Die Pfarrer sind damals deutlich strenger gewesen." Da hat sich inzwischen einiges geändert.

„Wir wollten wissen, wie es im Glockenturm aussieht und sind nach dem Gottesdienst auf den Turm gestiegen“, berichtet Katharina Lebert, Konfi-Jahrgang 1951 aus Ingelheim. Sie erzählt: "Die Küsterin hat nicht gewusst, dass wir dort oben waren und hat die Tür des Glockenturms abgeschlossen. Um auf uns aufmerksam zu machen, haben wir die Glocken geläutet." Das habe für Aufruhr im ganzen Dorf gesorgt. Doch dadurch konnten sich die drei eingeschlossenen Mädchen wieder befreien, erinnert sich Katharina Lebert: "Dann kam die Küsterin und hat uns rausgeholt." Aber da ahnten sie schon, dass es gleich eine saftige Backpfeife geben werde. Doch es blieb nicht bei der Ohrfeige durch die Küsterin, zu Hause glühten die Wangen zum zweiten Mal. "Wenn man so wenig Abwechslung in der Freizeit hat, kommt man auf dumme Gedanken“, lacht die 82-Jährige.

Spaß im Konfiunterricht

In Leberts Konfizeit habe man in der Bibel, im Gesangbuch und im Katechismus gelesen und natürlich Vieles daraus auswendig lernen müssen. Bernd Hartmann, der 1958 konfirmiert wurde, erzählt seinem Enkel Jan: „Wir haben die Sachen zwar missmutig gelernt, heutzutage hat es aber den Vorteil, dass wir die Lieder immer noch auswendig können.“ Das sei zumindest bei ihm so. Lebert und Hartmann sind sich einig, dass die Pfarrer damals deutlich strenger gewesen sein. „Man konnte nicht so offen mit dem Pfarrer reden“, erinnert sich Lebert: „Der war eine richtige Respektsperson.“

Jan Hartmann findet: „Heute ist es viel cooler. Wir reden im Konfiunterricht viel miteinander und lernen dabei auch was, obwohl wir nichts mehr auswendig können müssen.“ Das findet auch Mitkonfirmand Leo Hilgart angenehm: „Wir diskutieren viel und man darf sagen, was man denkt, auch wenn man was an der Kirche nicht gut findet.“ Das war vor 47 Jahren noch anders. „Bei uns gab es kein Platz für Meinung. Das was der Pfarrer gesagt hat war richtig“, vergleicht Leos Gesprächspartnerin Jutta Schlösser, konfirmiert 1972.

Besondere Aktionen in der Konfizeit

Die Zwillinge Lars und Ben Lau waren im Sommer auf dem Jugendkirchentag in Weilburg. Beide finden: „Das war bis jetzt der Höhepunkt unserer Konfizeit. Da haben wir viel interessantes Programm gemacht. Wir hatten aber auch viel Freizeit und konnten mal Eis essen gehen. Bald fahren wir auf Konfifreizeit. Das wird auch noch ganz cool.“ Katharina Lebert: „Sowas Großes haben wir nicht unternommen. Als Abschluss der Konfirmandenzeit haben wir einen Ausflug gemacht: Mit den Fahrrädern von Jugenheim nach Bingen. Dann mit der Fähre rüber auf die andere Rheinseite, zu Fuß rauf zum Niederwalddenkmal und alles wieder zurück.“ Der Pfarrer habe die Gruppe mit dem Motorrad begleitet und darauf geachtet, dass kein Unsinn gemacht werde. „Essen musste man sich selbst mitbringen. An eine Würstchenbude zu gehen, war damals verpönt“, erinnert sie sich. „Sowas hätte ich mir auch gewünscht“, meint Jutta Schlösser als sie von Leo erfährt, was heute in der Konfizeit unternommen wird.

Jeden Sonntag in den Gottesdienst?

Mein Opa geht ja jeden Sonntag in den Gottesdienst. Das ist ein Muss für ihn“, lacht Jan mit seinen Opa Bernd Hartmann: „Ich versuche aber auch - wenn ich nichts lernen muss - in die Kirche zu gehen.“ „In jedem Gottesdienst bekommen wir ein Puzzleteil, wenn wir da waren. Am Ende der Konfizeit muss jeder alle 24 Puzzleteile gesammelt haben“, erklärt Leo. Bei Jutta Schlösser habe es so etwas nicht gegeben: „Wer zur Konfirmation gehen wollte, der hatte Dienstag und Donnerstag in den Konfiunterricht und alle zwei Wochen in die Kirche zu gehen.“ „Einmal hat ein anderer Pfarrer Gottesdienst gehalten. Da haben wir gedacht, wir könnten den Gottesdienst ein bisschen auf den Kopf stellen. Am Montag in Religion gab es dann prompt Ärger. Dann mussten alle die Predigt vom Sonntag als Strafarbeit zusammenfassen“, fällt Lebert beim Stichwort Gottesdienst ein.

„Ich habe 45 Blumenstöcke bekommen“

Mittlerweile fallen die Geschenke zur Konfirmation fast größer aus, als an Weihnachten. Ben und Lars wollen ihre Zimmer neu einrichten, Leo wünscht sich ein Laptop und für Jan soll es ein neues Smartphone sein. Bernd Hartmann erzählt von seinen Geschenken: „Damals waren Hortensien ganz beliebt. Ich habe bestimmt 30 bis 45 Hortensienstöcke bekommen. Die Blumengeschäfte haben sich da natürlich gefreut – wir wussten aber nicht was wir damit anfangen sollten.“ Auch bei Katharina Lebert hatte sich die Begeisterung über ihre Geschenke in Grenzen gehalten: „Das Obligatorische: Ein Blumenstock und eine Sammeltasse, das war´s.“

Früher war nicht alles besser

„Ich bin erstmal ein paar Jahre nicht in die Kirche gegangen“, gibt Schlösser zu: „Da hatten wir alle erstmal genug von Kirche.“ Sie zieht das Resümee: „Ich finde es gut, dass der Konfiunterricht lockerer geworden ist, sodass man das Interesse der Jugendlichen eher einfangen kann, als mit sturem auswendig lernen.“

von Konrad Waßmann

Gut:
Das heißt für mich -
frei und befreit von allem,
was ich aus Angst und Ärger tief
in mir vergraben habe.

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